Die Edelkastanie ist ein typischer Baum des Mittelmeer-Raumes mit breiter Krone und kräftigem Stamm. Seit dem Altertum wird sie in vielen Regionen kultiviert, weiter im Süden vorwiegend im Niederwald für die Holzproduktion, weiter nördlich vor allem wegen der essbaren Früchte, den maroni, die über Jahrhunderte in der Region als Grundnahrungsmittel dienten. Weitere Arten der Gattung sind die in Japan und Korea beheimatete C. crenata (Japanische Kastanie) sowie die in Nordamerika heimische C. dentata (Amerikanische Kastanie), deren Bestände jedoch durch den Kastanien- Rindenkrebs (Cryphonectria parasitica) so stark dezimiert wurden, dass heute weder Früchte noch Holz von wirtschaftlichem Interesse sind.
Farbe und Struktur
Der schmale, weißlich gelbe Splint unterscheidet sich deutlich vom leder- bis dunkelbraunen Kernholz. Das Holz ist ringporig, die Poren im Frühholz sind groß und auffällig oval, einzeln stehend, regelmäßig mit Thyllen und in ein helles Speichergewebe eingebettet. Auf Tangentialflächen bestimmen die Frühholzporen als markante helle Fladern und radial als lichte, feine Streifen das Holzbild. Die Spätholz-Poren sind in radialen bis diagonalen Feldern (geflammt) angeordnet, ähnlich wie bei den Weißeichen (Quercus spp., M 63), von denen sich das Holz der Edelkastanie jedoch durch das Fehlen der breiten und hohen Holzstrahlen und die geringere Rohdichte gut unterscheiden lässt. Das Holz hat einen leicht säuerlichen Geruch.
Gesamtcharakter
Farblich ansprechendes, durch Frühholz-Porenringe in allen Schnittrichtungen auffällig strukturiertes Holz.
Bearbeitbarkeit
Das Holz der Edelkastanie ist mittelschwer und lässt sich mit Hand- und Maschinen- Werkzeugen bei mäßigem Kraftaufwand sehr gut sägen, hobeln, fräsen, bohren und drechseln und ist auch sehr gut spaltbar. Nagel- und Schraubverbindungen halten gut, die Verklebung mit handelsüblichen Leimen ist wegen des stark sauren Charakters des Holzes mitunter problematisch. Die Oberflächen- Behandlung mit gängigen Mitteln ist unproblematisch.
Trocknung
Das Holz der Edelkastanie trocknet nicht nur langsam, sondern es neigt auch stärker zum Reißen und Verwerfen. Auch besteht eine Tendenz zum Zellkollaps, ohne dass sich dieser durch Dämpfen befriedigend rekonditionieren lässt. Die Trocknung bedarf größter Sorgfalt, um zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen. Es empfiehlt sich, zunächst eine Lufttrocknung vorzunehmen und anschließend das lufttrockene Holz in der Trockenkammer auf die gewünschte Gebrauchsfeuchte nachzutrocknen.
Natürliche Dauerhaftigkeit (DIN-EN 350-2)
Das Kernholz der Edelkastanie gilt als dauerhaft gegen Befall durch Holz zerstörende Pilze sowie Insekten. Im Außenbau wird das Holz auch gelegentlich im Erdkontakt (Gebrauchsklasse 4) eingesetzt, zum Beispiel in der Schweiz für Lawinen-Verbauungen und Gartenanlagen.
Verwendungsbereiche
Das Holz der Edelkastanie ist ein begehrtes Ausstattungsholz für Möbel, Verkleidungen, Treppen und Parkett sowie für dekorative Furniere. Im Außenbau dient es als Konstruktionsholz für mittlere mechanische Beanspruchung. Die jährlich meterlangen Stockausschläge werden für Rebpfähle genutzt. Lokal wird das Holz auch für den Fassbau, die Gewinnung von Gerbstoff, Schwellen und die Herstellung von Zellstoffen verwendet. Von wirtschaftlicher Bedeutung ist überdies die Fruchtproduktion sowie die Gewinnung von einem sehr dunklen Honig hoher Qualität.
Austauschhölzer
In erster Linie für Holz der Weißeichen (M 63) wenn an die mechanische Belastbarkeit keine hohen Ansprüche gestellt werden.
Anmerkungen
Die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) ist mit der Edelkastanie nicht verwandt und unterscheidet sich von dieser durch ihr feines, zerstreutporiges und helles, gelblich-weißes Holz.
Edelkastanie - Technische Eigenschaften
Gewicht frisch
1060 kg/m³
Rohdichte lufttrocken (12-15% u)
0,54—0,60—0,66 g/cm³
Druckfestigkeit u12-15
40—52 N/mm²
Biegefestigkeit u12-15
63—79 N/mm²
Elastizitätsmodul (Biegung) u12-15
8 200—8 800 N/mm²
Härte (JANKA) ⊥, umgerechnet
2,5—5,1 kN
Härte (BRINELL) ⊥ zur Faser u12-15
15—23 N/mm²
Differentielles Schwindmass (radial)
0,13—0,16 %
Differentielles Schwindmass (tangential)
0,21—0,26 %
pH-Wert
ca. 2,8 (stark sauer)
Natürliche Dauerhaftigkeit (DIN-EN 350-2)
Klasse 2
Literatur
Kučera, L.J. & B. Gfeller 1994: Einheimische und fremdländische Nutzhölzer. Eigenverlag, Zürich und Biel Sell, J. 1989: Eigenschaften und Kenngrößen von Holzarten. Lignum, Baufachverlag AG Zürich. Roloff, A., Weisgerber, H., Lang, U.M. & Stimm (Herausgeber) 1994. Castanea sativa. Enzyklopädie der Holzgewächse Handbuch und Atlas der Dendrologie. Loseblattsammlung. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim
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